Sterilisationsverfahren und TPE

Ethylenoxid, Gamma oder Heißdampf?

Der überwiegende Teil der Medizinprodukte wird in sterilem Zustand geliefert. Das gilt sowohl für die einmal sterilisierten Einweg-Medizinartikel, wie Beatmungsschläuche, Konnektoren, Spritzen etc., wie auch für aus Kostengründen wieder verwendete Gerätekomponenten und Instrumente.

Da auch die Verpackung steriler Medizinprodukte bereits auf dem Weg zum Patienten zahlreichen potenziellen Gefahren ausgesetzt ist, die während des Produktionsprozesses in der Fabrik, des Verpackungsprozesses und des Transports lauern, ist es bei der Entwicklung neuer Produkte in der Medizintechnik erforderlich, dass von Anfang an die Aspekte Verpackung, Sterilisation, Transport und Lagerung berücksichtigt werden, um mögliche Gefahren für die Sterilität auszuschließen. Das gilt auch für das eingesetzte Material.

Sterilisationsverfahren

Die Sterilisation erfolgt durch physikalische (thermisch, Bestrahlung) oder chemische Verfahren. Die nachfolgenden haben sich dabei als die gängigsten erwiesen: Heißdampf, Strahlensterilisation und Ethylenoxid.

Dampf

Die Sterilisation mit Heißdampf ist das Standardverfahren in den meisten Labors und Krankenhäusern und erfolgt bei 121°C bzw. 134°C und einem Überdruck von bis zu drei bar im Autoklaven. Bei der Kondensation des Dampfes auf dem Sterilisiergut wird Energie freigesetzt, die die Mikroorganismen schädigt. Dieses Verfahren ist nur für temperatur- und hydrolysestabile Werkstoffe geeignet.

Seitens ACTEGA steht hier mit PROVAMED® 6145 TL beispielsweise eine TPE-Rezeptur zur Verfügung, die im Hinblick auf die Temperaturbeständigkeit optimiert wurde. Nach dem Autoklavieren bei 121 °C (15 min.) war keine Veränderung der Mechanik nachweisbar. Eine Gegenüberstellung der mechanischen Werte eines unsterilisierten Probekörpers und denen eines sterilisierten Probekörpers (bei 121 °C und 15 min.) zeigt, dass sich nur minimale Veränderungen ergeben, die keine Auswirkungen auf die Endanwendung haben.

Strahlen

Bei ionisierender Strahlung ist zwischen natürlichen (Alpha-, Beta- und Gamma-Strahlen) und künstlich erzeugten Strahlungsformen (Elektronenstrahlen, E-Beam) zu unterscheiden. Erzeugt werden die Elektronen in einem Beschleuniger. Der Elektronenstrahl wird dann über ein so genanntes Scanhorn zu einer Art „Elektronendusche“ aufgefächert, unter der die Produkte auf einem Transportsystem hindurchfahren. Der eigentliche Sterilisationsprozess dauert nur wenige Sekunden und ist weniger energieintensiv, als die Gammabestrahlung.

Die energiereiche, ionisierende Gamma-Strahlung inaktiviert Mikroorganismen. Beim Einsatz dieses Niedertemperaturverfahrens darf die Mindeststrahlendosis nicht unterschritten werden. Die Materialien werden mit Dosen von 25 kGy und 50 kGy sterilisiert und dürfen danach keine wesentlichen Änderungen der Mechanik aufweisen. Nicht alle Kunststoffe sind für die mehrfache Sterilisation durch Gammastrahlen geeignet. Das Verfahren wird nur industriell und fast ausschließlich für Einmalartikel angewandt.

Mit PROVAMED® 4085 TP - besonders geeignet für die Extrusion von medizinischen Schläuchen, die Transparenz und Knickstabilität aufweisen müssen - steht hier ein TPE-Material zur Verfügung, das in Vergleichstests bewiesen hat, dass weder Vergilbung noch eine Beeinträchtigung der mechanischen Eigenschaften, selbst nach hoher Bestrahlung mit 50 kGy, auftreten.

Ethylen

Die Ethylenoxid-Sterilisation ist ein Niedrig-Temperatur-Verfahren, das bereits bei 10°C Mikroorganismen abtötet, indem es eine Verbindung mit den Eiweißmolekülen eingeht und diese zerstört. Da die Sterilisationszeit von der Temperatur abhängt - je höher die Temperatur, desto kürzer die Sterilisationszeit -, wird meist ein Temperaturspektrum von 37° bis 60°C verwendet. Eine Vielzahl von Kunststoffen weist eine gute chemische Beständigkeit gegenüber Ethylenoxid auf. In Verbindung mit der niedrigen Verfahrenstemperatur ist diese Methode für viele thermoplastische Werkstoffe geeignet.

Hier hat sich seitens ACTEGA die TPE-Rezeptur PROVAMED® D1341 TP als besonders geeignet erwiesen. Hochtransparent, lösemittelverklebbar und im Vergleichstest ohne Beeinträchtigung der mechanischen Eigenschaften.

Alle diese Methoden können eine biologische Kontamination verhindern. Sie haben jedoch jeweils Vor- und Nachteile und vor allem erhebliche Auswirkungen auf das verwendete Material. Um negative Auswirkungen zu vermeiden, müssen die Materialformeln sehr sorgfältig mit Stabilisatoren und anderen unterstützenden Inhaltsstoffen zusammengestellt werden - wie dies beim PROVAMED®-Portfolio der Fall ist. Ausgiebige Tests der verschiedenen Varianten, bei denen Gammabestrahlung, Autoklavieren und Begasen mit Ethylenoxid verglichen werden, zeigen, dass diese Materialien gegen Anzeichen von Verschleiß wie schnelles Altern, Sprödigkeit, Verfärbung oder Änderungen der mechanischen Eigenschaften, beständig sind.

Sterilisationsverfahren im Vergleich

In jüngster Zeit ist die EtO-Sterilisation in die Diskussion geraten. Wobei der Dachverband der Unternehmen der Medizinprodukte-Branche Eucomed festhält: „Wenn die bestehenden Regularien und Schutzmaßnahmen für die verschiedenen Produkte und Materialien eingehalten werden, ist die Methode der EtO-Sterilisation ein unverzichtbares, zuverlässiges und validiertes Verfahren zur Sterilisation von Medizinprodukten.“

Da die EtO-Sterilisation nicht für temperatur- oder feuchtigkeitsempfindliche Materialien und Produkte mit schwierigen Geometrien geeignet ist, empfiehlt sich hier die Sterilisation mit Beta- oder Gammastrahlen, die die Materie durchstrahlen und so pathogene Keime, Schimmelpilze und Sporen zuverlässig zerstören. Die Bestimmung der Keimbelastung der zu sterilisierenden Produkte erfolgt für beide Sterilisationsarten auf Basis der Norm DIN EN ISO 11737. Die Strahlensterilisation ist für ein breites Spektrum medizinischer Produkte geeignet, Auch hier ist im Rahmen der Validierung die Eignung der Materialien zu prüfen. Im Gegensatz zur EtO-Sterilisation muss bei der Strahlensterilisation die Leistungsbeurteilung als Teil der Validierung nur einmalig pro Produkt physikalisch erfolgen (Dosemapping), was Zeit und Kosten spart. Bei diesem umweltschonenden und rückstandsfreien Verfahren können die Produkte direkt nach erfolgter Freigabe verwendet werden, eine zeitintensive Desorptionsphase wie bei der EtO-Sterilisation ist nicht nötig.

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